Eigentlich der Karl ja immer Tagebuch geschrieben, auf
seinen Reisen. Diesmal aber alles anders. Das kleine rote Buch zwar dabei, aber
keine Spur von Tagebuch-Stichwörtern drin, weil es waren immer nur Stichwörter
– zu Hause dann erst ganze Sätze und halbes Buch draus gemacht. Diesmal am
Ende der Reise nur Adressen unter der Überschrift „La Gomera
7.-21.11.2009“. Fragt man sich natürlich warum? Ich glaub, der Karl hat es
auch nicht wirklich gewusst. Kann man vielleicht sagen, nicht in Stimmung, Kopf
ganz wo anders als beim Tagebuch. Die meisten hätten wahrscheinlich vermutet,
zu viel durch den Fotoapparat geschaut, gar keine Zeit fürs Stichwörter
schreiben. Klick,klick,klick. Aber das wars auch nicht.
Jetzt werdet ihr euch vielleicht schon denken, wieso
schriebt der so komisch. Keine Tagebuch-Stichwörter, also nach dem Urlaub keine
Stichwörter um Sätze drum rum zu bilden. Daher Buch gelesen: Wolf
Haas, genau der, wo die 'Eitrige' bei „Komm süsser Tod“ seziert wird. Und
wenn du Wolf Haas liest, denkst bald so wie er, schreibst so wie er - und daher
komischer Satzbau – nicht gutes Deutsch. Hat aber keinen Zusammenhang zu den
deutschen Mitwanderern auf der Tour. Obwohl, der Karl die zeitweise auch
schlecht verstanden hat und die ihn wahrscheinlich auch, weil der Karl eher
steirisch als hochdeutsch unterwegs, also noch schwieriger für die Deutschen.
Aber waren ja Sprachtalente dabei, wie die Britta. Ihre Aussprache von „Oachkatzelschwoaf“
fast perfekt. Gibt es gar nichts. „Liab“ aber noch besser, obwohl „Oachkatzelschwoaf“
natürlich größere Herausforderung.
Statt Tagebuch diesmal also Geschichte im Wolf Haas Stil.
Mit Erzähler und Karl in der 3.Person. Also mit ein wenig Abstand von sich
selbst. Aber keine Detektivstory – auch keine Horrorgeschichte, wie sie auch
immer wieder unterwegs erzählt wurden - reine Reisegeschichte.
Valle Gran Rey
Carlos – nein nicht der Karl – weil La Gomera ja
Spanisch und könnte man denken der Karl gemeint – Carlos ist der Chauffeur,
der die 3 Übriggebliebenen Ösis, Evelyn, Heimo und Karl vom Valle nach San
Sebastian zur Fähre bringt. Zuerst gar nicht der Fall vom Karl, der Carlos nämlich,
ein bissl Macho. Dunkle Sonnenbrille, braun gebrannt. Zuerst geh ich noch einen
Kaffee trinken – Typ. Die Wendy hat sein Image dann gleich aufpoliert. Ist ein
ganz „liaber“. Spielt immer coole Musik im Auto. Und richtig, seine Musik
den Carlos gleich viel sympathischer gemacht. Und auch sein Fahrstil, ganz
ruhig, würdevoll, Gomera verbunden. Haben echt „Fred Olsen“ mäßige
Bedenken gehabt, die 3 Ösis, als die erfahren haben, dass sie per Taxi nach San
Sebastian gebracht werden und nicht mit der Fähre, wie die anderen. Weil
schlechte Erfahrung mit „Fred Olsen“ Fähre und schaukeln. Kurvige Straßen
auf Gomera und rasante Fahrt – auch schaukeln. Schlechte Kombination. Aber
nichts dergleichen. Wenn der Fred Olsen am Steuer gewesen wäre, schön gerade
vorn rausschauen, auf einen Punkt fixieren, und aufpassen, dass trotz
Ingwerscheiben und Melanie-Druckpunkt nix Unangenehmes hochkommt. Aber so mit
dem Carlos - ganzes Gegenteil. In der Gegend herumschauen und angenehme Erinnerungen
hochkommen lassen. So was von ruhig wie der Carlos seinen Bus über die Insel
schippert – so ruhig kann es auf einer Fähre gar nie sein. Und dann noch
diese Musik. Maná – live – Bendita de Luz. Da könnte jetzt der Einwand
kommen, Musik mexikanisch, nicht spanisch. Einwand gerechtfertigt, aber mir und
dem Karl egal – weil Musik einfach passend. Und die Sonne scheint. Kein
Einwand - perfekt. Die Fahrt quer über die Insel praktisch eine Rückblende auf
die letzten beiden Wochen. Quasi in
den Rückspiegel schauen, was da alles passiert ist. Passiert ja schon viel in 2
intensiven Wochen. Da kommt so ein Rückspiegel schon recht. Von hinten
aufrollen hat auch den Vorteil, dass man vieles weiß, was man nicht wüsste,
wenn man von vorne aufrollt. [...]
Beginnen wir unsere Fahrt also dort, wo die Reise geendet
hat, im Valle Gran Rey. Seinerzeit Hippie-Treffpunkt und noch immer ein paar übrig
geblieben. Pünktlich vor Sonnenuntergang, der süßliche Duft, von der
Meeresbrise weiter getragen in der Nähe der Casa Maria – tief einatmen, haben
alle was davon. Heimo hat dem Karl geraten: Nimm keinen Sand von dort wo die
Trommler spielen mit nach Haus, könnte der Drogenhund am Flughafen anschlagen.
Der Karl hat nämlich immer ein kleines Stück vom Urlaub mit heim nehmen
wollen. Ein Stein dort, ein Holzstück da. Und der schwarze Sand vom Playa del
Valle Gran Rey passt gut zum roten Saharasand.
Das Tolle an den Hippies. Immer gut drauf. Und dann gut
trommeln. Mit ihren Rhythmen begleiten sie die Sonne auf ihren letzten Abschnitt
über dem Meer. Ist die Sonne jetzt so schnell untergegangen wegen der
Trommlerei, denn je näher sie dem Meer gekommen ist desto schneller ist sie
gefallen, oder kommt das einem nur so vor, weil einem die Trommlerei so mitreißt
und die Zeit viel schneller verfliegt. Auf jeden Fall, orangerot, kurz hinter
ein paar Wolken versteckt, noch mal kurz rausgeschaut, weil sie ganz vergessen
hat zum baba sagen, flutsch und weg. Und mit dem letzten Sonnenstrahl auch auf
einmal die Trommeln stumm. Aber nur kurz, weil schwarze Luft immer gut für die
Stimmung. Feuer schwingen und weiter trommeln. Abendrot genießen auf der Mauer.
Das Rauschen der Wellen.
Inzwischen hat der Carlos schon seine ersten
Deutsch-Kenntnisse preisgegeben. „Der Himmel ist blau.“ Ja, so blau wie in
den letzten Tagen im Valle war er noch gar nie im Urlaub. Die Häuser von La
Calera liegen am Hang, viele schon in der Sonne, einige aber noch im Schatten
der Berge. Auch die Apparments von Karl, Heimo, Susanne und Julia. Die Aussätzigen,
Spätbucher. Vom Rest der Gruppe getrennt. Meist zuerst darüber geärgert, aber
dann – super, doch das bessere erwischt. Abgesehen von den zusätzlichen 95
Stufen, die zu bewältigen waren, aber nach einer Woche wandern eh kein Problem.
Und die Party Terrasse – nicht schlecht. Haben sie auch ausgenutzt. Nicht nur
die 4, die ganze Gruppe. Der Zwiebelgeruch ist wahrscheinlich noch ein paar
Jahre in der Wohnung. Zwiebel-Bananensuppe, schon eine schräge Kombination. Der
Karl sehr skeptisch – aber hungrig und auf so Reisen weniger heikel als zu
Hause beim Essen. Und wenn der Karl noch einen 2.Teller voll nimmt, dann nicht
nur Hunger, sondern auch gut.
Die Bananen-Zwiebelsuppen-Nacht war laut Julia, und der
haben wir das einfach geglaubt, auch der Sternschnuppentag. Daher nach dem
Essen, Licht aus und gen Himmel gestarrt. Die Augen brauchen natürlich ein
wenig zum Anpassen. Aber nach der Reihe sind sie erschienen, die Sterne. Der
Karl ein wenig aufgetrumpft mit seinen Sternenkenntnissen. Zwar schon lange her,
dass er mit dem Fernrohr in kalten Winternächten am Fernrohr gesessen ist, aber
alles vergisst mal doch nicht. Das Himmels-W, heute eigentlich ein M, der
Perseus, die Zwillinge und der Stier mit den Plejaden, die der Britta so
gefallen haben. Der Orion noch hinter dem Berg versteckt. „Da war eine“ –
kollektiver Aufschrei, zumindest bei denen die sie gesehen haben, die
Sternschnuppe. Und jetzt schnell was wünschen. Ja was denn nur. Der Karl wieder
nicht unter den Glücklichen – in die falsche Richtung geschaut.
Wasserfall
„Da ist das kleine Lokal, wo wir nach der
Wasserfallwanderung eingekehrt sind“ weckt die Evelyn den Karl aus den
Gedanken als der Carlos schon durch El Guro drifftet. Eingefallen wie Wanderheuschrecken trifft es eher. El Guro, wo der Weg zum Wasserfall abzweigt. Steinig,
Schuhe ein wenig nass, weil oft im Bachbett unterwegs,
durch Dornentunnel, ein interessanter Weg bis man vor einem Wasserfall steht.
Auf dem Rückweg durch die engen Gassen von El Guro. Auch ein bissl Aussteiger
zu Hause. Ein Saxophon ist aus irgendeinem Haus zu hören. Und vorne an der
Strasse neues Lokal. Auch für Wendy neu. Trotzdem rein. Ein hoher runder
Holztisch hinten im Eck beschlagnahmt und schnell "un cerveza"
bestellt - "Dorada" , so heisst das Bier hier und schmeckt
ausgezeichnet. Nach Wandern sowieso ideal so ein Bier.
Der Wirt - sehr aufmerksam - erkundigt sich, ob wir auch was zu Essen wollen.
"Äh, nein" - "eigentlich na" - " Nicht
wirklich" kommt es aus der Runde. Nur Markus traut sich "Ja, so eine
Kleinigkeit hätte ich schon gern". Gut, Wendy ein wenig Mojo organisiert
und Weissbrot. Weissbrot - so wie Thunfisch - fast schon ein bissl Reizwort,
aber zur Mojo immer super. Dem Karl die Mojo auch schon super geschmeckt. Auch
die rote - die Scharfe. Hier nur rote Mojo, keine grüne - die güne eher die
sanfte. Und so eine Mojo irgendwie Hunger stimulierend. Auf einmal alle Hunger
und alle am Mojo tunken. "Können wir noch ein Brot haben". Der Wirt
natürlich nicht dumm, mit dem nächsten Brotkorb gleich noch ein Teller mit
Wurst dazugestellt. Auch gleich weg. "Können wir noch ein Brot
haben!". Und noch ein Bier für die Anja und den Heinz. Zum nächsten
Brotkorb ein Teller mit Käse dazugestellt. "Können wir noch ein Brot haben".
Wendy hilft in der Küche schon ein wenig mit. Stimmung immer besser, vom Bier
oder der roten Mojo - egal auf jeden Fall rennt der Schmäh und der Wirt -
Geschäft seines Lebens. Da gibt man gern Trinkgeld. Brot wahrscheinlich kein
Krümmel mehr im Restaurant, als wir schließlich weiterziehen und den Gecko an
der gelben Wand allein lassen.
[ Fortseztung folgt - vielleicht - irgendwann einmal ]
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